Jost Asbach 

Barken-Fahrt auf der Weser vom 9.6. - 12.6.2000

Neun Allemannen (nicht 11 Mann, wie sonst üblich) entschlossen sich über Pfingsten für eine Barkenfahrt auf der Weser.

Am Mittwoch vor dem langen Wochenende erfuhren wir , dass die Barke nicht in Norderstedt sondern in Allermöhe zu Ausbesserungsarbeiten lag und auch ein paar Riemen bei uns im Bootshaus an der Alster repariert wurden. Das wurde aber problemlos mit Herrn Osterndorff geregelt und entsprechend organisiert. Auch Kuddel - der Trailerspezialist - war noch unterwegs von Italien und sollte erst Donnerstag spät in Hamburg sein. Aber kein Problem, Kuddel hat ja Handy.

Da nicht alle Teilnehmer schon Freitag mittags von Hamburg loskamen (es gibt auch noch berufstätige Ruderer) begaben sich unterschiedliche Gruppen auf die Reise. Clemens Claussen (Fahrtenleiter) hatte sich um die Übernachtungen beim Wasserwander Club in Beverungen gekümmert, wo wir in drei einfachen aber sauberen 4-Bett Zimmern untergebracht waren. was sich als einfache aber gute Unterkunft entpuppte.

Clemens und Werner die zuerst in Beverungen angekommen waren, hatten bereits mit dem Wirt für einen Platz zum Grillen gesorgt. Der Abend war sommerlich warm und der Tisch war gedeckt. Kuddel heizte den Gasgrill an, Jost machte Scampies (Vorspeise) sauber, Horst putzte und richtete den frischen Salat, Franz tranchierte bestes Filet, Werner and Nobert verteilten Gläser zum Willkommens Trunk (Bessen Genever von Clemens). Jürgen hielt alles in Fotos fest und Clemens entkorkte die von Kuddel gespendete 3 Ltr-Flasche Sekt. Das Essen verzögerte sich leicht, da der Grill erst noch repariert werden mußte, aber auch das wurde gemeistert und nun hatte Kuddel das Ganze. Die Scampies brutzelten in Knoblauchbutter, die Steaks wurden nachgelegt und alle schmausten zufrieden.

Dann die große Unterberechung am Grill, Kuddel wurde per Handy verlangt - Italia pronto - pronto hallo Elba - die Ururgroßnichte Napoleons am Apparat. Kuddel verschwand - um Ruhe vor Witzelein zu haben - im Knick. Kein Grillmeister mehr und wir mußten uns für eine halbe Stunde selbst helfen, was aber kein Problem war.

Der Abend klang aus mit einem letzten Schluck am Tresen, wo einige Teilnehmer - zu einer monotonen, immer wiederholten Melodie aus einer Mundharmonika- leise lächelten. Der Musikant, ein Kanute, träumte musizierend von Old Shatterhand. Wahrscheinlich war er aus Segeberg.

Der nächste Morgen fing mit Wassermangel in den Duschen und Toiletten an, aber auch das wurde gemeistert und nach dem Frühstück ging es mit der Barke nach Hann. Münden zum Einsetzen. Unterhalb von Zusammenfluß von Werra und Fulda - gegenüber der Jugendherberge - wurde auf einem ehemaligen Miltärgelände auf einer ca. 30-40m breiten Pionier- Slipanlage die Barke voll aufgeriggt mit eingelegten Riemen zu Wasser gelassen. Keine Platzprobleme, nur die Strömung der Weser muß beim Slippen vom Trailer beachted werden. Eine lange Achterleine gegen den Strom ausgebracht ist dabei sehr hilfreich.

Bei strahlendem Sonnenschein ruderten wir zwischen dem hügeligen Bramwald und Reinhardswald Weserabwärts, passierten unzählige Paddler, Kanuten, Kajaks und sonstige Wasserfahrzeuge. Reinhardshagen wurde passiert und der Steuermann, gleichzeitig Steward, hatte alle Hände voll zu tun um nachzuschenken. Der Wasser- verbauch war enorm. Zeitweilig wurde auch etwas ‚Lacrima Christi' gewünscht und dem Steward, der ja auch noch steuern mußte, wurde von Platz 8 (Franz sien Sitz) assistiert. Vom nahen Ufer Rad-und Wanderweg winkten zwar freundliche Rad- und Inline Skaterinnien, aber die begleitenden Trainer ließen ein Anheuern als Stewardess leider nicht zu - so ein Pech aber auch, die Arbeit des Nachschenkens mußte weiterhin von der unterbesetzten Barkenbesatzung durchgeführt werden.

Die Fahrt ging vorbei an malerischen Bergwäldern. Die Orte Bursfelde, Oedelsheim und Oberweser wurden passiert und der Mittagshunger meldete sich immer stärker. Auf den Plätzen 7 und 8 wurde gepöbelt ‚Sklaverei, Leuteschinder- sowas war noch nie da, 30 km rudern und nichts zu Essen, nur Trinken!, sonst nichts' . Selbst der ruhige Peter Helmes auf Platz 2 murmelte. Das half, der nächste Rasthof an der Fähre bei Lippoldsberg wurde angesteuert. Clemens fuhr ein sagenhaftes Anlegemanoever unterhalb des Gasthauses. Die Besatzung verließ das Boot und machte es sich in dem schönen Kaffeegarten des Restaurants bequem. Richtige Sportler bemerkete eine Fahradtruppe, und weiter - da kommt ja noch einer - das war Kuddel mit schief sitzender Mütze und Hamburg-Flagge in der Hand. Tänzelnd steckte Kuddel die Flagge auf einen Sonnenschirm - Applaus. Leider wurde das Mittagessen ein Kaffee-und Kuchenausflug. Der Koch hätte bis abends Pause. Zu spät, auch freundliche Worte halfen nichts, die schlanke Stewardess mit herben Gesicht ließ sich nicht erweichen. Morddrohungen wegen Verpflegungsausfall gegen Clemens kamen aus der ‚Lacrima-Platz 7 + 8 Ecke'.

Beim Einsteigen ins Boot fragten freundliche Zuschauer wem denn wohl die am Ufer deponierte Armbanduhr gehöre. Pause - keinem gehörte sie. Dann - oh das kann meine sein, murmelte Jost und so wars denn auch.

Ablegen gegen den Strom, drehen und weiter gings Weserabwärts Richtung Beverungen. Bodenfelde wurde passiert und zahlreiche Kanuten und Kajaks trieben teilweise mitten in der Weser und mußten durch laute Warnrufe aufmerksam gemacht werden. Kurz vor der Wahmbecker Fähre steuerte Jost zwischen Kanuten und Kajaks durch und hätte fast eine Kajakpaddlerin untergepflügt, die sich aus unerklärlichen Gründen plötzlich vor die Barke begab. Sie wurde glücklicherweise nur von einem Ruderblatt gestreift. Bei der Strömung keine ungefährliche Situation. Sofort kam von dem Galeeren- Platz 6 (Horst) ‚ 'Blinder am Steuer - keine Ahnung, soll besser Kinderwagen schieben''.

Beim Passieren von Bad Karlshafen, waren neben Kanuten und anderen Wasser- Sportlern auch Sonntags-Flößer unterwegs, die mehr oder weniger hilflos mitten in der Weser trieben und denen man besser aus dem Weg ging. Auf einem Floß war sogar die Schwester von Püppi an Bord, nur dunkelhaarig anstatt blond.

Der Himmel bewölkte sich mehr und mehr und nach Karlshafen fing es leicht an zu nieseln. Noch ca. 8 km bis nach Beverungen. Das stillgelegte A-Kraftwerk bei Würgassen wurde passiert, noch ca. 3 km . Das Ankergeschirr wurde achtern klar gemacht und dann wurde die bereits morgens errichtete Landmarke zur Landung angesteuert. Das Anlegemanöver in die kleine, strömungsfreie Bucht zwischen zwei Bunen klappte gut und die Barke wurde vorschriftsmäßig für die Nacht vertäut.

Die Mannschaft begab sich zum Duschen in den Wasserwander-Club und es wurde beschlossen das Abendessen in der dortigen Wirtschaft einzunehmen. Nach ergiebigem Duschen - Horst etwas verspätet mit fliegendem Handtuch- gings zu Tisch. Jede Menge Leute waren dort und eine recht gute Stimmung. Gourmet-Essen a la Cart wurde geboten ‚ Pommes Nature oder Pommes avec Saucisse-Curry oder Gelee Viand avec Pomme Rissolees oder Steak-Chasseur en Sauce-Gitan. Man sieht, die Auswahl war für jeden Geschmack ausgerichtet. Plötzlich ein Aufschrei: Kuddel fehlte, nachsehen, rufen und siehe da - Kuddel war in seiner Koje vor Erschöpfung eingeschlafen. Kuddel wurde geweckt, ging unter die Dusche und suchte bei Erscheinen in der Wirtsstube seinen Frühstücksplatz. Auch das wurde gemeistert, aber Kuddel mußte sich mit flüssigem Brot begnügen, da die Küche bereits geschlossen war. Pfingstsonntag begann für drei Leute mit Rückholung der Fahrzeuge von Hann. Münden , der Rest kümmerte sich um die Barke und rüstete sie aus für die zweite Ruderetappe nach Bodenwerder. Der Himmel war leicht bewölkt ‚with some sunny spells , but isolated showers to be expected later during the day' . Nach Beverungen verbreiterte sich das Wesertal zeitweilig doch ganz erheblich und die Fahrt führte uns zügig an Fürstenberg (hat nichts mit dem Bier zu tun) vorbei nach Höxter. Beim Passieren von einladenden Wirtshäusern - jeweils in unmittelbarer Nähe der Weserfähren gelegen - wurden Stimmen laut, sogar Norbert auf Platz 3 fing an zu mosern und erinnerte an die Hungersnot des vergangenen Tages. Werner, der heute den ersten Teil steuerte, beruhigte die Galeerensklaven und entkorkte eine Flasche ‚Lacrima-Ei'. Höxter wurde passiert und weiter gings an dem Schloß Corvey vorbei , der Ort an dem Hoffmann von Fallersleben in der fürstlichen Bibliothek das Deutschland- lied schreib und seine letzte Ruhestätte auf dem Schloßfriedhof fand. Ein sehr gepflegtes Anwesen. Es waren bereits 20 km gerudert und keine Pause; nun meldete Jürgen Hunger. Sofort kam von den vorderen Plätzen kräftige Unterstützung. Das wirkte, und nach weiteren 2km wurde die Barke an einem Ponton in Lüchtringen neben der Seilfähre zur Mittagspause vertäut. Das Landhotel ‚Weserstrand' ca. 100 m vom Anleger war gerade das Richtige. Beim Betreten der Terrase waren unsere Radler vom Vortage schon da: Hallo die Ruderer sind die wieder da! Ist ja schön wenn man sich kennt, besonders den mit der Flagge, die Kuddel diesmal am Fensterrahmen plazierte. Applaus! Das Restaurant hatte eine gute, preiswerte Küche und da es Spargelzeit war wurde für fast alle Ruderer Spargel (satt) mit Rührei serviert. Ach war das schön gemüt- lich, laß andere Leute rudern.

Nach verlassen von Lüchtringen wurde das Wesertal breiter und eintöniger. Die Weserausflugsdampfer rauschten mit kräftiger Hecksee vorbei, was unsere Steuer- leute professionel meisterten. Den langen Schleifen der Weser folgend ruderten wir nach Holzminden passierten die Jugendherge und machten eine kurze Rast (Pinkelpause) beim Holzmindnener Ruderverein. Danach gings weiter über Heinsen in Richtung Burgruine Polle. Ein auffallender Punkt mit schöner Umgebung. Das mußte genossen werden und ‚Ruder halt - Entkorken' wurde befohlen. Laute Zustimmung, die unterwürfige Galeeren Stimmung war wie weggeblasen.

Nach Polle schlängelte sich die Weser wieder etwas enger bis Bodenwerder. Es regnete leicht, aber das beeinträchtigte die gute Stimmung nicht. In Bodenwerder angekommen - nach passieren der Brücke wollten wir beim Bodenwerder Ruder- club festmachen, aber die Stelle war nicht gut. Rückenlage ‚ Wende über Steuerbord und ab gings gegen den Strom zu einer günstigeren Stelle oberhalb der Brücke , wo unter Leitung von Horst die Barke fachmännisch über Heckanker und einer Foremooring und je einer Vor - und Achterleine für die Nacht vertäut wurde. Auf der Taxenfahrt von Bodenwerder zurück nach Beverungen fachsimpelte Kuddel mit dem Taxifahrer; der mußte glauben in Kuddel Münchhausens Sohn neben sich zu haben. Beverungen hatte uns die letzte Nacht und in der Wasser- wander-Wirtschaft wurde wiederum gespeist. Danach wollten wir in unsere Zimmer, nur Kuddel nicht; aber es half nichts, er wurde hochgehoben und vor die Tür bugsiert, wo er wie ein Fisch an der Angel zappelte bis er endlich wieder auf seinen Beinen stand, und schwupp war er wieder am Tresen. Dort schrie er dem Wirt ins Ohr: ‚Wir kommen nächstes Jahr wieder' . Worauf der meinte, dann würde er sich auch das Oropax aus den Ohren nehmen, um Kuddels Geflüster besser zu verstehen. Zufrieden begab sich nun auch Kuddel als ‚Letzter' aus der Wirtschaft.

Vor der letzten Etappe am nächsten Morgen wurden alle PKWs nach einem aus- geklügelten System nach Bodenwerder und Hameln gefahren. In Hameln Suchten Clemens, Kuddel und Jost nach dem Ruderclub um die Fahrzeuge dort zu parken. Bei dem Erfragen des richtigen Weges endete Jost beim Pförtner einer Jugenstrafanstalt, aber das half auch nichts. Erst ein leerer Bootstrailer dem wir folgten brachte uns zum Hamelner Ruderclub.

Die letzte Tour führte die Barke an Schloß ‚Hehlen' vorbei. Das Kernkraftwerk Gronde wurde passiert und das Wesertal wurde weiter und hatte weniger Schleifen. Das Wetter, die Stimmung and der Wein waren gut und so erreichten wir am frühen Nachmittag Hamlen. Gemeinsam wurde die Barke unter Berück- sichtigung der Strömung wieder auf den Trailer verladen. Im Club wurde uns der Duschraum zur Erfrischung überlassen. Geduscht gabs noch eine Tasse Kaffee in einem nahe gelegenen Restaurant und danach begaben wir uns auf die Heimfahrt, um rechtzeitig zum Fußball zu kommen.

Alle Teilnehmer, bestehend aus Celmens Clausen, Horst Dellin, Peter Helmes, Jürgen Jeschke, Franz Wolgast, Karl-Hermann Bath, Norbert Schmidt, Werner Koppe und Jost Asbach waren mit Freude dabei, haben gelacht, auch mal gestritten und wieder gemeinsam gelacht.

Die nächste Wanderfahrt in der Barke mit fast gleicher Crew wird kommen und uns wieder in eine andere schöne Gegend führen.

Wanderfahrt schlei, Juli 2023, ist online!

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