Berlin ist immer eine Ruderreise wert !



Am Nachmittag des 8.9. war es endlich so weit, mit der Anreise nach Berlin wurde die lang herbeigesehnte 28. Bullentournee auf den Berliner Gewässern gestartet. Bis zum Mittag des 11.9. beruderten die Bullen Clemens, Franz, Hans-Otto, Hauke, Horst, Kuddel, Norbert, Werner, Wilfried und der Nachwuchsbulle Frank den wunderschönen Tegeler See, Havel, Spree, sowie einige Kanäle, insgesamt 42 km.

Unser langjährig bewährter Barkentransporteur Kuddel stand mit seinen Jeep als Zugmaschine leider nicht zur Verfügung. Doch Franz übernahm mit seiner Edelkarosse dankenswerter- und in hervorragenderweise den Hin- und Rücktransport der 11 Meter langen Barke. Die Last mit dem langen und verkehrsberuhigenden Bootsanhänger wird immer wieder in Kauf genommen, da die Bullen auf Ruderwanderfahrten nur in der Königsklasse rudern und das sind nun einmal die Ruderbarken.

Auf die Auszahlung des Begrüßungsgeldes am ehemaligen Grenzübergang wurde bei der Anreise aus Zeitgründen ebenso verzichtet wie auf das damit verbundene übliche Vorglühen, da die Barke am Anreisetag bis 18.00 Uhr in der Marina „Scharfe Lanke“ gewässert sein musste, was auch problemlos und routiniert geschah. Wie schön, dass Werners Schwester auf ihrem Segelboot vorbeigekommen war, um unser Rudergerät zu begutachten. So konnten wir den verdienten „Foffteiner“ bei gekühltem Bier schon auf dem Wasser, bei Werners Schwester an Bord genießen. Und das keinesfalls auf einem Boot vom Typus „Schwimmhilfe“ sondern auf der sehr komfortablen Segelyacht „Glory Day“.

Brauhaus SpandauDen Abend des 8.9. verbrachten wir in dem urigen und gemütlichen Brauhaus zu Spandau, unserem sehr gut ausgewählten Hauptquartier. Der Schnittpunkt aller Verbindungslinien zwischen den Hotelzimmern im Brauhaus, der Barken-Anlegemöglichkeit bei der Brauerei und den Endpunkten der Tagesstrecken lag im Schankraum der Brauerei. Allerdings muss dem Gerücht, es gäbe eine Pipeline vom Biertank auf die Zimmer, an dieser Stelle energisch widersprochen werden.

Am Freitag dem 9.9. waren wir bei strahlendem Sonnenschein bereits kurz nach 10.00Uhr in der Marina „Scharfe Lanke“ auf dem Wasser. Da die Angst vor plötzlicher Dehydrierung groß war und wir keinesfalls zu den Dosenpilslenzern gehören, wurde trotz der astronomischen Preise noch schnell Wasser gekauft. An diesem Tage wurde von unserem Chefruderer für die Ruderplätze das Rotationsprinzip eingeführt, Kuddel bekam das Recht auf Eigenrotation für Platz 2 zugebilligt. Die Uraufführung des Umerziehungsversuches unseres VL`s zeigte wenig Sofortwirkung, inwieweit Späterfolge oder Spätschäden bei den Bullen eintreten werden wird man abwarten müssen. Das Ablegemanöver erinnerte an das Ablegen der Kleidungsstücke einer Salambo-Tänzerin, es erfolgte sehr langsam und sehr elegant, immer mit der Frage verbunden, wann denn nun? Für die bekennenden Bullenschlucktrinker war es nämlich keine Frage ob, sondern wann unser Steuerexperte und Kellermeister Franz den Geist aus der Flasche lassen würde, was er denn zur Freude der Mannschaft auch bald tat.

Blühende Landschaften ...Wir ruderten danach bei leichtem Gegenstrom und lebhaftem Verkehr durch Sportboote und Berufschifffahrt auf der Havel, bis ganz in die Nähe des Brauhauses, dort bogen wir in die Spree ab. Auf der Spree ging es, bei immer noch leichter Gegenströmung, am Kraftwerk Reuter vorbei, bis zur Charlottenburger Schleuse, wo wir die Spree verließen und in den Westhafen Kanal schleusten. Das Rudern parallel zur Autobahn A100 hatte auch seine Reize, da uns die Lastwagen nur sehr langsam überholten, freudig anhupten und wir nicht genau wussten, auf welcher Spur wir uns befanden. Nach dem Passieren der Schleuse Plötzensee gab es Verkehrsberuhigung und wir fuhren durch eine dünn besiedelte Gegend auf dem schnurgeraden Hohenzollernkanal, nur hin und wieder am Ufer die Männer mit den Wurmhaltestöcken. Als die Mägen am Nachmittag infolge fehlender Einkehrmöglichkeiten nach 22km immer tiefer gesackt waren und fast zwischen den Rollsitzen hingen, wurde unser Kellermeister sehr erfolgreich zum Ausspähen einer Imbissmöglichkeit eingesetzt. Nach der Stärkung ruderten wir noch 4km auf dem Hohenzollernkanal und der Havel sowie durch die Inselwelt vom südlichen Teil des Tegelersees. Bei der Suche des Nachtliegeplatzes beim Segelverein Nordstern fühlten wir uns wie Vasco de Gama bei der Suche des Seeweges nach Indien. Doch Vasco hätte es nicht besser hinbekommen als unser Steuerexperte Franz. Es war die Tagesstrecke der Kontraste, denn wir sahen Kraftwerke mit Kühltürmen, doch auch viel Natur. Trotz der Tagesstrecke von 26km und der teilweise leichten Gegenströmung blieb ausreichend Zeit für Pausen und Gespräche.

SCN-Steg

Das waren wie immer sehr schöne und harmonische Gespräche, wenn auch mit einer teilweisen Vertiefung im Nichts. Wobei ein wichtiger Grundsatz trotz der bevorstehenden Schicksalswahl beachtet wurde: An Bord keine Politik! Außerdem beherzigten wir wie schon Wilhelm Busch den Grundsatz: „Gute Unterhaltung besteht nicht darin, dass man etwas Gescheites sagt, sondern dass man etwas Dummes anhören kann.“ So waren wir an diesem Tage wahrscheinlich nicht die schnellsten aber mit einiger Sicherheit die fröhlichsten und harmonischsten Ruderer.

Den Freitagabend erlebten wir in der urwüchsigen Atmosphäre des Brauhauses bei einem sehr packenden Livekonzert der „Blues Brother“, nicht zu verwechseln mit der Gruppe der ähnlich klingenden „Blue Brothers“, die auch reichlich anwesend waren. Die von der Galerie im Sudhaus geschmetterte fetzige Musik, die rhythmischen Zuckungen des Sängers und die Begleitung durch die Go Go Girls brachten die Besucher zum Toben und das Brauhaus zum Zittern. Aufgrund des morastigen Untergrundes sollen diese Erschütterungswellen sogar die ganz in der Nähe stehende Zitadelle zum Zittern gebracht haben. 

 

RollsitzreparaturAm Sonnabend, dem 10.9. ruderten wir bei weiterhin herrlichstem Ruderwetter vom Segelverein Nordstern eine kleine Strecke auf der Havel um wieder in den Tegeler See zu gelangen. Dort schipperten wir die herrlichen Buchten aus, um den See in seiner ganzen Schönheit zu genießen. Dabei vermittelten die in der Sonne liegenden kleinen Inselchen des Sees ein südliches Flair. Nur die von Zeit zu Zeit parallel startenden und landenden Flugzeuge des Flughafens Tegel holten uns immer wieder in die Realität zurück. Nach ca. 6km Ruderstrecke wurden wir im Ruder Club Tegel gastlich aufgenommen und tranken bei schönstem Wetter auf dem Balkon des Clubs Berliner Pils. Ein herrliches Plätzchen in schöner Natur, schade nur, dass der im Wasser schwimmende Waschbär schont tot war. Leider drängte die Zeit und wir ruderten am Tegeler Hafen vorbei zum Segelverein Nixe. Ein klopfendes Geräusch Gruppenbild in Tegelstoppte jäh unsere Fahrt. Was war passiert? Unser Kuddel, alias Pull Bull, hatte so kräftig gerudert, dass die Lagerung des Rollsitzes streikte. In kürzester Zeit führte unser Mann für alle Fälle, Franz, die Bordreparatur durch. Auch im Segelverein Nixe wurden wir sehr freundlich aufgenommen und verspeisten einen einfachen aber preiswerten und Energie spendenden Imbiss. Von der erhöhten Terrasse des Segelvereins beobachteten wir wie von einem Logenplatz eine direkt vor uns gestartete Segelregatta. Leider konnten wir auch an diesem wunderschönen Plätzchen die Zeit nicht anhalten und mussten weiter. An einigen Strandbädern vorbei ging es über den Tegeler See und auf der Havel mit der Barke direkt vor das Brauhaus, wo wir sie für die Nacht vertäuten. 

Bedauerlicherweise ließ man uns am Abend nicht in die Spandauer Zitadelle, so konnten wir nicht am Burgfest teilzunehmen und auch keine eventuellen Musikschäden der“ Blues Brother“ überprüfen. Das rustikale Essen im alten Zollhaus entschädigte uns und der spätere Verzehr der ca. 30 Biergutscheine des Brauhauses, die unser Finanzmann Wilfried ausgehandelt hatte, tat ein Übriges.

Der späte Abend des Sonnabends brachte Gewitter und damit tauchten Fragen über Fragen auf. Unser Chefruderer Clemens musste in Abhängigkeit vom Wetter überlegen, wie am nächsten Tag gerudert wird. Oder ob überhaupt und wann? Vielleicht auch sowieso nicht oder doch!

Der Sonntagmorgen begann mit strömenden Regen und wir entschieden uns, auf dem kürzesten Wege die 6km zum Startpunkt „Scharfe Lanke“ zu rudern, die Barke dort aus dem Wasser zu nehmen und heimzufahren.

So geschah es und oh Wunder, kaum saßen wir in der Barke, da hörte es auf zu regnen. Das weiterhin trübe Wetter hatte auch seine guten Seiten, es gab keine Staus auf der „Havel?“.

Vom unbewußten Drang die Tiefe zu ergründen waren wir wohl alle geheilt, denn es erfolgten in den drei Tagen keine Tauchgänge, obwohl ein echter Bulle unter Wasser besser sehen soll. Allerdings machte Kuddel beim Verladen noch sehr erfolgreich einen Trockentauchgang in den Riemenkasten und fand das gesuchte und dringend benötigte Gestängeteil. Wir waren mit so hohem Tempo und ohne Pausegerudert, dass Kuddel noch seinen Zug nach Usedom bekam

Es gab kein Finale Kuriosa, denn alles verlief – so wie die gesamte Fahrt- paletti, harmonisch und ohne Schäden.

 

Hans-Otto

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