21. Ruderwanderfahrt mit der Barke nach Berlin - Köpenick ( 4. bis 7. Sept. 2003 ) Wenn der Bullentisch eine Reise ( mit Sternfahrt ) macht, dann kann er was erleben . . . . . !



Gleich nach dem Ende der 20. Ruderwanderfahrt in Neustrelitz - "Stadt ohne Frauen" - fieberten wir den 4. September 2003 entgegen, um endlich einmal das nachzuholen, was uns in Neustrelitz verschlossen blieb. Nämlich? Das Rudern! Vor dem Start gab es dieses Mal viel Vorgeplänkel wie: wer zieht die "Messina III" hin, wer zieht sie zurück, wer fährt mit wem, wer kommt wo, wer kommt wann, wer kommt überhaupt, wer, wer ...Und das alles nur, weil unsere letzte Berlin - Fahrt für Kuddel nicht ohne Folgen geblieben ist, so dass er sich für diesen Törn nur noch für die Hälfte der Schleppstrecke zur Verfügung stellte! Aber wir hatten ein Einsehen mit ihm und wir wollen alle, dass er glücklich ist. Unser lieber HOM-Bull konnte an der Fahrt aus den uns bekannten Gründen leider nicht teilnehmen. Z. Zt. befindet er sich im Endstadium der Rekonvaleszenz.

Am Donnerstag um 12 Uhr, bei leicht bedecktem Himmel, preschte Kuddel, mit Hossi als Beifahrer, mit seinem Jeep durch Hamburg nach Oststeinbek, um die Barke auf dem Firmengelände von Rolf Seeger auf den Haken zu nehmen. Hauke, der Hossi gegen 12 Uhr bei Kuddel abgesetzt hatte, war inzwischen zum FL Clemens nach Barsbüttel weitergefahren, und sie wollten so quasi die Vorhut für Berlin sein, um noch an diesem Tag für die Barke eine geeignete Einsetzmöglichkeit in Köpenick oder Umgebung zu suchen und zu ermöglichen.

Kuddel zog an diesem Tag wie ein Pferd, das in seinen Stall wollte, denn beinahe hätten wir sogar die Vorhut überholt, die wir auf der Raststätte Stolpe antrafen. Dort verlor eine Mutter Mumm ihre Unschuld. Behutsam wurde sie geöffnet und nach dem Gebrauch achtlos entwertet! Typisch Mann! - Die Vorhut machte sich ein paar Minuten vor uns auf den Weg nach Berlin. Rechtzeitig erhielten Kuddel und Hossi vom FL die Koordinaten für die Slipanlage an der Spree. Und wo bitte hatten sie diese gefunden? Und wie hatten sie es nur geschafft? Zum Glück hatten Kuddel und Hossi eine reine Weste, denn die Slipanlagen (2) waren auf dem Gelände der Wasserschutzpolizei im Stadtteil Baumschulen an der Spree. Ein Lob an die freundlichen und zuvorkommenden Beamten und besonders die sehr hübsche Beamtin!

Es wurde nicht lange gezögert. Der Routinier Kuddel manövrierte das Barkchen in die richtige Stellung und innerhalb einer halben Stunde schwamm die Galeere voll aufgetakelt in ihrem Element. Dabei mag bei dem einen oder anderen von uns der heimliche Gedanke aufgekommen sein, dass man die Barke auch mit nur 4 Bullen rudern kann. (2 Ruderer, 1 Steuermann, 1 Steward). - Danach wurde Kuddel mit dem Trailer auf Warteposition geschickt und Clemens, Hauke und Hossi verholten die Barke an den direkt daneben liegenden Treptower Ruderclub. Hier sollte die Barke nächtigen.

Wir machten uns danach auf den Weg nach Köpenick. Gegen 18 Uhr trafen wir im Ruderclub "Energie Berlin" in der Gutenbergstraße ein. Inzwischen waren alle anderen Bullen eingetroffen: Jost mit Werner, Franz mit Wilfried und "Neuling" Rainer Busch. Der 1. Vors. des Clubs, Bernd Müncheberg und seine Frau, hießen uns willkommen und servierten uns ein herrliches Bier und später als Vorspeise eine richtige Berliner Wurst. - Es wurde schnell dunkel, die Herde wurde unruhig und trabte über die Lange Brücke in die Altstadt von Köpenick um schnurstracks in die "Zur alten Laterne" zu gelangen. Dort speisten wir gemeinsam am Tresen zu Abend und dort wollten wir auch anschließend den Tag ausklingen lassen. Wegen Überfüllung des Lokals konnten wir leider nicht auf Dauer zusammen sitzen, und so blieben unsere berüchtigten und geliebten Gesänge aus, wohl auch zum Glück der anderen Gäste. - Ein merkwürdiger Vorfall zwischen einer "charmanten" Dame und einigen Bullen sollte aus Gründen der Pietät nicht näher beschrieben werden

Der Freitag zeigte sich nach dem Erwachen wettermäßig von seiner schönsten Seite. Alle Kameraden hatten gut geschlafen und die Laune war primissima. Ein sehr reichhaltiges und kräftiges Frühstück im Club steigerte die Laune fast bis zum Höhepunkt. Gestärkt fuhren wir in den Treptower Ruderclub, um die Barke zu bemannen. Durch einen üblen Defekt an Wilfrieds Rollsitz musste für einen ordentlichen Ersatz eine Stunde (= 2 Fl Wein) Verzögerung in Kauf genommen werden. Gegen 11 Uhr wurde abgelegt. Ein Novum auf der 21. Ruderwanderfahrt war, dass Franz wegen einer Behinderung im rechten Arm das Steuern übernahm. Präsi Bernd fungierte als Steward ( d.h. Wasserverteiler ) und Navigator.

Mit einer Affengeschwindigkeit ging es auf der Spree vorbei am Treptower Plänterwald, an der Insel Bullenbruch, am Eierhäuschen, am Stadtteil Friedrichshain hinein in den Osthafen der Spree. Zu gerne wären wir die Spree weiter gerudert bis und durch Berlin Mitte, aber die derzeitige Angstpsychose der Politiker machte es unmöglich. Kurz vor der baulich interessanten Oberbaumbrücke ging es in die 1. Schleuse des Landwehrkanals. Obwohl der Landwehrkanal für richtige Ruderer keine Strecke ist, so muss man ihn unbedingt einmal im Leben befahren haben. Ewig wird er in unserer Erinnerung bleiben! Dazu beigetragen hat das äußerst schöne Wetter, das Leben an den Ufern, die Bauwerke, die Ausflugsschiffe, die schöne Fantasie und und und! Im Urbanhafen des Kanals wurde vor schöner Kulisse auf einem "Arschbackenkreuzer" geluncht. Da keiner von uns Sitzfleisch hatte und keiner unser Lieblingslied spielte, ruderten wir danach vergnügt, dabei immer gut "verweint" und "verlikört", weiter, vorbei an Kreuzberg, Tiergarten und Charlottenburg.

Am Spätnachmittag erreichten wir den westl. Ausgang des Spreebogens. Bis zum Spandauer Ruderclub waren es nur noch ein paar Kilometer. Die Barke wurde dort seemännisch für die Nacht vertäut und die Luken verschlossen. Dabei wurde der Perlentaucher aus Brunsbüttel von Clemens auf seine Taucherfähigkeit hin geprüft, da der Schlüsselbund am Anlegesteg (absichtlich?) über Bord gegangen war. Es war unglaublich, wie lange Hauke unter Wasser blieb. Beängstigend lange, denn unser "Berufstaucher" Kuddel schickte sich an, Hauke aus dem Wasser zu holen! Doch dieses erübrigte sich, da Hauke mit den Schlüsseln in der Hand endlich wieder auftauchte. Mit seinem sehr sensitiven, winzigen und ex-gebrochenen kleinen Onkel hatte er auf dem Grund den Bund ertastet.

Mit zwei Taxen fuhren wir (40 Km) einmal quer durch Berlin nach Köpenick in den Ruderclub. An diesem Abend dinierten wir nach Altbullenart im geschichtsträchtigen Rathaus zu Köpenick. Aus Bequemlichkeit spazierten wir anschließend in das "Zur alten Laterne", da unsere Kräfte für weite Gänge nicht mehr ausgereicht hätten. Leider konnten wir auch an diesem Abend nicht alle zusammensitzen. "Girlies" waren kaum im Lokal anzutreffen. Es will schon was heißen, wenn Franz seine Fühler nach einer pausierenden Souffleuse und einer ganz in rot kostümierten Theater-Fregatte ausstrecken musste. - Allerdings hegt man den Verdacht, dass Kuddel wegen der Präsenz der wenigen Frauen seine Finger mit im Spiel gehabt haben soll, um den Stadtteil Köpenick sauber zu halten.

Der Sonnabendmorgen war inzwischen 8 ½ Stunden alt geworden, als wir das von Frau Müncheberg mit viel Liebe zubereitete Frühstück einnahmen. Für den von uns, der einen Kater - woher auch immer - verspürte, war reichlich Fisch angedeckt worden. Pünktlich um 9:30 Uhr ging es wieder zurück zu unserem geliebten Stück Holz in Spandau. Präsi Bernd war inzwischen auch erschienen und der Ruderwandertag - wieder bei Kaiserwetter - konnte seinen Lauf nehmen. Die Marschrichtung war für Richtung Wannsee vorgegeben. An der an diesem Tag stattfindenden Ruder-Sternfahrt wollten wir nicht teilnehmen, da unser Bullentisch grundsätzlich auf dem Wasser - gluck, gluck und so - gerne unter sich ist.

Wir ruderten zügig los und waren nach kurzer Zeit auf der Havel. Die üblichen Wünsche an diesen schönen Tag und das genau eingehaltene Trinkprozedere ließen unsere Stimmung nur minimal steigen. Werner, unser Stimmungsausgleichsterminator, war bedenklich ruhig. Gegen 11 Uhr- inzwischen waren wir auf der Höhe der Regattastrecke der Havel - schlug unser guter FL Clemens vor, im nächsten Ruderclub einen kleinen Frühschoppen einzunehmen. Komischerweise hatte keiner von uns etwas dagegen. Nichts ahnend stiegen wir im Ruderclub Collegia an Land. Am Steg wurden wir von jugendlichen Clubmitgliedern empfangen, was uns ein wenig stutzig machte. Sie beabsichtigten die Barke wie einen Vierer zu behandeln und wollten sie aus dem Wasser nehmen, mussten aber schnell einsehen, dass sie sich nur Leistenbrüche geholt hätten. Als wir dann an Land trabten, um nur ein Bierchen zu trinken, merkten wir, dass wir in die "Sternfahrt - Falle" gegangen waren! Überall Bänke, ein Flaggenmast mit den Flaggen von den 52 in Berlin beheimateten Ruderclubs, Stände mit Fleisch, Kuchen, Nudeln und Getränkeausschank vermittelten den Eindruck eines sich anbahnenden Festes.

Da wir die ersten "lieben" Gäste waren, suchten wir uns den besten Tisch aus, um wie scheues Wild stets einen Überblick über Wald und Flur zu behalten. Als wir unseren 1. Schoppen hinunterspülten, fing ein Sänger probehalber mit seiner "Band" an zu singen und zu spielen. Hm, hm, sounds not too bad! Harren wir der Dinge, die da kommen mögen! Höflichkeitshalber nahmen wir den 2. Schoppen. Allmählich legte das eine und andere Ruderboot aus Berlin an. Aber was war mit diesen Männern und Frauen los? Viele von ihnen konnten nicht lächeln, waren abgespannt, tranken Saft usw. Waren es keine Berliner? Denn ein Berliner ist stets vergnügt kann doch immer feste Feste feiern!

Trotzdem nahm das Geschehen seinen Lauf! Der Musiker mit der guten Stimme trällerte einen Schlager nach dem anderen! Und aus Mitleid sangen und schunkelten wir aus vollen Kräften, aus vollen Krügen mit guten Zügen mit. Clemens sammelte zwischendurch Beweise - vielleicht arbeitete er im Auftrage von Gotthilf Fischer, um talentierte Sänger zu werben. Geschlossen hätte der den Bullentisch für seinen Chor genommen! - Fortan wurde das gesungen, was wir uns wünschten zu hören! Und als die Kapelle unser Lieblingslied spielte, waren die Bulls nicht mehr zu halten. Tja, und dann blieben sie sitzen!! Zwischendurch eine nette Ansage von Jost über Mikrophon, man könne unsere Barke einmal von Jugendlichen rudern lassen. Das Angebot wurde ausgenutzt und unser Kuddel machte den Steuermann. Die Musik wurde immer schöner und ermunterte Rainer ein kleines Tänzchen mit Frau Müncheberg zu wagen. Alle Achtung! Klappte sehr gut! Wieder ein Talent mehr in unserer Truppe! Hauke sang am Mikro eine Schnulze, die uns zu Tränen rührte.

Wilfried war zwischendurch auf die Festwiese auf Werbetour gegangen, überwiegend bei den zuverlässigen, älteren Damen, um Reklame für unseren Tisch zu machen. An einer Tombola- zum Nutzen der Jugendarbeit - nahmen wir rege teil, gewannen überwiegend uni blaue Sweatshirts, ca an die 20 Stück. Wo sind sie geblieben? Wer von uns hat sie eingesackt? Wer eröffnet demnächst ein Sportgeschäft?

Gegen 14 Uhr mahnte der FL Clemens ganz leise zum Aufbruch und stieß bei uns dabei auf eine 5 Meter dicke Betonmauer. Inzwischen wurden zu den Schoppen auch ein paar sog. Schöppchen gereicht. Konstruktiv bildete sich im Laufe der Zeit ein großer Ring aus Flaschen auf dem Tisch und in der Mitte bildeten die 0,5 l großen Plastikbecher einen Turm.

Ein Bulle weiß immer, wann er sich aus dem Staub zu machen hat. Die Dorfkirche schlug Vier, und wir machten uns mit der Barke auf den Weg in den Wannsee. Wir taten so, als wäre nichts geschehen. Dabei hatten wir am Ende 40.800 mlB + 1.980 mlK an die Lippe genommen!! Fazit: Wir kommen gerne wieder zur Sternfahrt nach Berlin!!

In Schwanenwerder machten wir unterwegs eine große Tränenpause. Bei der Landung am Sandstrand zeigte Kuddel wieder seine Kunststücke im Tauchen. Präsi Bernd war davon dermaßen begeistert, dass er Kuddel wenig später folgte. - Der Abend neigte sich langsam seinem Ende zu, als wir im Wannsee Ruderclub ankamen. Die Barke wurde schnell nachtfertig gemacht. In der Gastronomie des Clubs nahmen wir noch ein paar Erfrischungen zu uns, bevor wir uns mit dem Taxi nach Köpenick chauffieren ließen.

Mit der Körperpflege hielten wir uns nicht lange auf und stiefelten in vollem Wichs über die Spreebrücke in die Altstadt von Köpenick in unser "Stammlokal". Hauke gönnte sich derweil im Ruderclub ein Nickerchen von ein paar Stunden. Als er aufwachte, war die Show vorüber. Der Tag klang, wie immer, für uns in schöner und zufriedener Atmosphäre aus.

Abschied ist ein scharfes Schwert! Der Sonntag war schon ein paar Stunden ins Land gezogen! Überall im Club regte sich Leben und Streben. Einer, der es mit dem Glauben genau nahm, kam erst jetzt vom Messegang zurück. - Das letzte große gute Frühstück wurde eingenommen, unsere Sachen waren gepackt und die herzzerreißende Abschiedszene von der Familie Müncheberg nahm ihren Gang. - Kuddel nahm zum Abschied den Trailer noch einmal auf den Haken, die anderen ihre Pkw und im Swinsgalopp ging es nach zum Wannsee in den dortigen Ruderclub. Ohne Mühe holte Kuddel die Barke aus dem Wasser. Abriggern und die anschließende ausgiebige Reinigung waren selbstverständlich. Vor dem Gelände des Clubs nahm, dieses Mal sehr stille, Franz die Barke auf den Haken und wir verabschiedeten uns von Kuddel, der aus den nur uns bekannten Gründen in Berlin blieb.

Bevor die Herde gänzlich auseinander stob, trafen wir uns noch zum Schweigemahl auf der Autobahnraststätte Linumer Bruch. Wir waren, wie immer auf dem Heimwege, so ruhig, dass viele Gäste dachten, wir wären auf dem Wege zum Wallfahrtsort Lourdes.- Aber, summa summarum, wieder war eine schöne Wandertour zu Ende gegangen. - Noch viel schöner wäre es mit einer eigenen Barke, die dann das ganze Jahr über für uns zur Verfügung stände. Der Wunsch wird eines Tages in Erfüllung gehen, denn Mutter Fortuna mag uns Bullen !


Horst Dellin

Wanderfahrt schlei, Juli 2023, ist online!

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