Im Preußenjahr nach Rheinsberg

Schon im letzten Jahr wurde eine Ruderwanderfahrt mit der Barke ab Rheinsberg für die Freunde des sog. „Bullentisches“ geplant. Leider konnte nur die Hälfte der Runde den Termin vom 15. bis 17. Juni wahrnehmen, da die andere Hälfte global unterwegs war. Einer von ihnen war zu diesem Zeitpunkt in China, einer in England, der „Fast-Benjamin“ auf Bali und der Bankbulle musste in der Familie bleiben; d. h., die Messina III konnte nicht ausreichend bemannt werden!

Da wir aber dem Rheinsberger Ruderclub unser Kommen zugesagt hatten, entschlossen wir uns, mit dem letzten Aufgebot der Bulls: Clemens C., Hauke P., Norbert S., Kuddel B. u. Horst D. nach Rheinsberg zu fahren.

Am Freitag, den 15. Juni, eilten wir auf der A24 in Richtung Stolpe-Parkplatz, wo wir – natürlich bei Kaiserwetter- Herrn Magnum aus seiner Kompression befreiten. Die Autobahn wurde bei Pritzwalk verlassen. Über Landstraßen und durch echt blühende Landschaften erreichten wir um 18 Uhr den Ruderclub in Rheinsberg, wo uns der 1. Vors. willkommen hieß. Das kleine Gästehaus neben dem Club- u. Bootshaus wurde 3 Mann von uns zugewiesen. Die anderen Zwei (Nichtschnarcher!) wurden privat in einem Gartenhäuschen, unweit vom Club, untergebracht.

Der Ruderclub hat in seinem Hause leider keine Gastronomie. Deshalb wurde in Rheinsberg im „Alten Fritz“ das Abendessen eingenommen. Bis zum Abwinken konnten wir dort auf dem Trottoir eingehend den Schlachtplan für die nächsten beiden Tage bekakeln. Selbst Kuddel konnte bis zum Schluss dem Plan folgen.

Der Sonnabend, der Hauptrudertag, zeigte sich mit heiterem und warmem Wetter, aber es wehte eine steife Brise aus westl. Richtung. Das Frühstück wurde in einer naheliegenden Bäckerei wg. seiner Knappheit in Windeseile eingenommen.

Im Club wies uns der Chef den C-Doppelvierer „Potsdam“, Bauj. 1969, zu. In Null Komma nichts war das Boot zu Wasser gebracht, mit den Zampelbüdeln bepackt und mit genügend „Wasser“ ausgerüstet. Um 10 Uhr saßen wir 5 Ruderer auf dem Bock u. legten ab. Gute 5 Minuten brauchten wir, um uns an den Pott zu gewöhnen. – Schnell merkten wir, dass wir nicht in unserer geliebten Barke saßen und wie gewohnt zwischendurch ganz individuell etwas Wasser zu uns nehmen konnten. Heute bestimmte der Bootstyp: Alle Wasser oder keiner! Zu allem Verdruss verbot uns der große Steuermann u. FL, Clemens, die vokale Kontaktpflege. Auch mäkelte er an unserem erstklassigen Ruderstil herum. Wo waren wir heute eigentlich? Beim Training auf der Alster?

Nach ungewöhnlich langer Zeit- das Boot machte gute Fahrt- hörten wir einen dumpfen Knall. Abrupt hielten wir mit dem Skullen auf. Was war geschehen? Bulleye hatte eine Wasserzelle geöffnet und bot uns einen wohltemperierten guten Tropfen Nass an, den wir dankend annahmen. Irgendwie gingen die Tropfen uns allen aufs Gemüt und nun kamen wir in die Puschen. – Zackig und frohgelaunt ruderten wir durch den Grienericksee, Rheinsberger See, Jagowkanal, Schlabornsee, Tietzowsee, Zootsensee , Großer Zechliner See, Schwarzer See und erreichten um 13.30 Uhr Flecken-Zechlin. Dort legten wir in einer Gaststätte nebst Fischräucherei eine Verpflegungspause ein, speisten vorsorglich frisches Gemüse, tranken flüssiges Brot u. waren sicher, auf der Rückreise nicht von Skorbut befallen zu werden.

Eine Stunde später verließen wir das Städtchen, und machten uns auf die Heimfahrt. Das Wetter wurde immer schöner: wenige Wolken, 24 °C u. nur noch leichter umlfd. Wind. Hauke hatte inzwischen das Kommando übernommen und wir wissen, er ist nicht nur groß von Wuchs, sondern auch großzügig im Verteilen von Tropfen. Manche Wasserzelle wurde geöffnet und der Inhalt gerecht verteilt. Gegen die Übersäuerung des Magens gab es mitunter eine gelblich aussehende Medizin. – Als aktive Umweltschützer lenzten wir unsere Vorpeak nicht auf See, sondern an Land. Allerdings musste Kuddel, altersbedingt, doch einmal einen Umweltfrevel auf See begehen. Gegen 18.30 Uhr erreichten wir alle gesund und nicht einmal abgespannt den Anleger des Clubs zu Rheinsberg.

Geschniegelt und gebügelt traten wir anschl. zum Landgang an. Zuerst absolvierten wir einen Stadtrundgang im historischen Städtchen Rheinsberg, bestaunten das Rathaus, manch altes Bürgerhaus, das Rheinsberger Schloss, die baumbesäumten Straßen mit ihren typischen breiten Bürgersteigen. Im „Jungen Fritz“ konnte Kuddel danach endlich seinen Spargel essen. Gesättigt u. zufrieden nahmen wir in der Königsstraße einen Absacker. Der Himmel hatte sich inzwischen mit Gewitterwolken bezogen u. gegen Mitternacht goss es aus Eimern und wir flüchteten in die Diele der Gaststätte. Auf einem dort aufgehängten Poster war die 300 jährige Geschichte Preußens übersichtlich dargestellt. Hauke nahm, nachdem das Gewitter vorbei war, das Poster dankend und gnädigerweise von der Staffelei, um es im Logis weiter zu studieren.

Der nächste Tag, Sonntag, fing gut an. Wir leisteten uns im vollen Ruderwichs im ersten Hause am Platze, „Das Deutsche Haus“, ein vorzügliches Frühstück. Das Risiko, sich dort nicht richtig benehmen zu können, war groß. Aber es verlief mit „Alle – Mannen“ gut, so gut, dass wir im September auf unserer letzten Barkenfahrt nach Berlin u. Potsdam d. J. geneigt sind, im Hotel „Adlon“ Quartier zu nehmen!

Gegen 10.30 Uhr waren wir wieder auf dem Wasser. Ein „Meer“ an Kultur wollten wir an diesem Tag bei der Rundfahrt um den Grienericksee erleben. Deshalb ruderten wir langsam, aber blattdeckend, zum Rheinsberger Schloss mit seinem langgestreckten Marstall. Welch eine Augenweide! Der „Alte Fritz“ hatte hier 4 Jahre (1736- 1740) als Kronprinz verbracht, schrieb hier u.a. seinen Antimachiavell und komponierte einige Flötenkonzerte. Weiter ging es zur Gärtnerei, der Gartenanlage visavis vom Schloss...... Die Sonne verfinsterte sich. Blitze u. Donner kündigten ein schweres Gewitter an. Intelligent wie wir waren und schnell von Entschlüssen, ruderten wir mit Volldampf zurück zum Anleger, nahmen das Boot aus dem Wasser, reinigten und verstauten es ordnungsgemäß. – Die Quartiere wurden anschließend ordentl. übergeben, und wir verließen Rheinsberg wieder über Landstraßen nach Wittstock. Dort besichtigten wir im Zentrum vor dem Heimweg die schöne alte Backsteinkirche. Nach einem Rundgang durch die Altstadt nahmen wir auf dem Marktplatz unser Essen ein und kamen zu dem Fazit: Eine Ruderwanderfahrt im Doppelvierer ist betont sportlich, eine Fahrt in der Barke ist gesellschaftlicher, reizvoller und dennoch sportlich.


Horst Dellin

Wanderfahrt schlei, Juli 2023, ist online!

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