Werner Koppe 

BARKENWANDERFAHRT nach Berlin/ Königs Wusterhausen

Die Mannschaft um den Fahrtenleiter Dr. Clemens C. (Kuddel B., Horst D., Franz W., Wilfried B., Pe-ter H., Peter S., Jost A., Rainer R. und Werner K.) besaßen den Ehrgeiz, die Barke aus ihrem Winter-schlaf zu erlösen, um die erste Barkenwanderfahrt des Jahres durchzuführen. Dank rechtzeitigen Buchens konnte dies auch verwirklicht werden, wobei der Großraum unserer Hauptstadt erneut als Ziel auserkoren wurde. Das Motto lautete: Der Kontakt zu Berlin und den Gewässern rundherum darf nicht abgebrochen werde, ganz im Gegenteil, er sollte sogar intensiviert werden. So brach die fröhli-che Mannschaft am 27.04.01 zu der langersehnten Wanderfahrt auf. Die noch verschlafene Barke wurde dabei traditionsgemäß von Kuddel gezogen.

Vorbei an Kolonnen von Polizeifahrzeugen (Randale in Berlin am 01.05.01) und nach chaotischen Staukämpfen, auf und neben der Autobahn, erreichten wir am frühen Abend das idyllisch gelegene "Wirtshaus am See" in Zeuthen. Es folgte der übliche Wettkampf darum, wer es schafft, am längsten an der Theke wach zu bleiben. Doch schon sehr früh am nächsten Morgen brachen wir auf, um eine geeignete Stelle zum Wassern der Barke zu finden. Als dafür geeignet befunden wurde schließlich das Gelände des Bootverleihs Kühnle, und mit Erlaubnis des Büropersonals begannen wir routiniert mit den Wassern und Aufriggen unserer MESSINA III. Mitten in unserem konzentrierten Treiben tauchte aber die stramme und üppige Platzchefin auf. Diese fing sogleich an, uns lautstark und DDR-mäßig "auszuzählen", mit ihrer Ideologie über die Platzordnung. Demzufolge dürfe ein Boot nur nach rechtzeitig erfolgter Anmeldung und niemals ohne Erlaubnis zu Wasser gelassen werden. Es ginge nicht, einfach anzukommen und zu fragen, dies möge beim nächsten mal doch bitte berücksichtigt werden. Nach kurzer Sprachlosigkeit angesichts dieses DDR-Gewitters starteten wir um so fröhlicher in unseren ersten Wandertag. Die Barke war vollzählig mit dem 1. und 2. Steuermann, sowie Steward bemannt und mit Proviant für mindestens drei bis vier Tage ausgerüstet. Es konnte also losgehen.

Die Strecke des Tages war zwar nur kurz, aber angefüllt mit positiven Eindrücken über den Wandel der Uferansiedlungen vom DDR- zum BRD-Standart. Die Tour führte uns von Zeuthen aus Richtung Süden zum Großen Zug, danach in den Kroessin See, resp. Spree Kanal. Danach durch den Seddin See zurück zum Zeuther See und in die Dahme hinein. Anschließend bei Wildau unter der BAB hin-durch und rechts hinein in den Nottekanal bis zu der Schleuse in Königs Wusterhausen ( KW ). Dort machten wir die Barke für die Nacht fest und der Tag endete fröhlich und harmonisch "zu Hause" in unserem Wirtshaus.

Voller Energie und bei schönstem Wetter begannen wir unseren zweiten Wandertag am 29.04., der uns in Richtung Neue Mühle führen sollte . Doch kaum Fahrt aufgenommen zwang uns die einladende Terrasse des RK KW an der Dahme zum Stoppen. Dieser RK, gegründet 1906, hat wohl schon besse-re Tage gesehen, doch die Lage ist einmalig schön. Eben diese Lage und der freundliche Wirt verlei-teten uns schließlich dazu, unseren Frühschoppen bereits wesentlich früher als geplant abzuhalten. Das muntere Treiben vor dem RK, das schöne Wetter und anregende Gespräche hatten zur Folge, dass die geplante Tagestour stark verkürzt ausfiel. Nach dem Frühschoppen ging es lediglich noch ein kurzes Stück bis zu dem Segel Club Krüpelsee. Die anwesenden Segler erlaubten uns zwar anzule-gen, ignorierten uns ansonsten jedoch weitgehend. Das Schweigen war unüberhörbar und als fröhli-che Ruderer konnten wir die Stille des Platzes nur durch Flüsterkommandos " Baby schläft....... " einhalten. Nachdem die Barke für die Nacht vertäut war, ging es per Taxi zurück zum Wirtshaus nach Zeuthen.

Frisch geduscht und umgezogen marschierten wir zum Bahnhof um mit der S-Bahn in die Berliner Innenstadt zu gelangen. Dort sollte unser vorgezogenes Kulturprogramm beginnen. Am Alexander-platz angekommen, genossen wir bereits um 17:00 Uhr eine Dampferfahrt um das Regierungsviertel herum. Es folgte eine Besichtigung des Reichstagsgebäudes. Trotz der einstündigen Wartezeit ließen wir uns nicht abschrecken und absolvierten begeistert das Besucherprogramm. Das Gebäude selbst, sowie der unvergessliche Panoramablick von der Dachterrasse aus, hat uns alle, als immerhin weitge-reiste Hanseaten, sehr beeindruckt. Die Besichtigung des Reichstages mit der Kuppel und dem groß-artig angelegten Dachgeschoss sollte ein Muss für jeden sein, der nach Berlin kommt. Anschließend folgte der obligatorische Fußmarsch zum Brandenburger Tor, über den Pariser Platz zum Nicolaivier-tel. Man hatte das Gefühl, dass die Stadt brodelte, hatte das gute Wetter doch die Berliner und viele Touristen auf die Straßen gelockt. Außerdem ließ sich eine gewisse Spannung feststellen, wohl in Erwartung der am nächsten Tag befürchteten 1.-Mai-Krawalle.

Das Abendbrot in einem Kartoffelrestaurant und der darauf folgende Absacker in einem Künstlerlokal im Nicolaiviertel rundeten unseren zweiten Wandertag ab. Hätte nur Jost nicht seine Lesebrille im Restaurant vergessen, bzw. dies erst bemerkt, kurz bevor die letzte Bahn abfuhr. Allerdings legte er einen olympiareifen Sprint vom Bahnhof zum Restaurant und zurück hin, wodurch wir die Rückfahrt in letzter Sekunde noch vollzählig antreten konnten.

Der dritte Wandertag begrüßte uns bereits morgens sonnig und warm. Peter und Norbert mussten die Tour leider, wie bereits vorher geplant, an diesem Tag abbrechen und heimfahren. So begann unsere Fahrt zwar pünktlich und voller Tatendrang, aber nur mit einem Steuermann und ohne Steward. Von dem Segel Club Krüpelsee fuhren wir Richtung Süden, ein Stück die Dahme weiter bis Bindow. Dort wurde umgekehrt zum Krüpelsee, vorbei an der Neuen Mühle, und nach nur einer Schleusung konn-ten wir unser wohlverdientes Mittagessen im "Lindeneck" (Neue Mühle) einnehmen. In diesem roman-tischen Flecken, der auch "Klein Venedig" genannt wird, fühlten wir uns ausgesprochen wohl. Weiter ging die Fahrt Richtung Zeuthen, vorbei an Wildau über den Zeuther See. Wir passierten Schmöck-witz und fuhren dann über den Langen See bis zum Richtershorner RC. Hier machte die Mannschaft die Barke über Nacht fest. Der friedliche Abschluss des Ruderwandertages fand dann anschließend bei einem Dämmerschoppen statt.

Da bei unserer Rückkehr in Zeuthen das Gasthaus voll mit Gästen war, die eine Geburtstagsparty mit Live Musik und Bufet feierten, wichen wir zum örtlichen Italiener aus und nahmen dort unser Abend-essen ein. Jost erinnerte daran, daß Ruderkamerad Heinrich Dehn zur gleichen Zeit die Hochzeit seiner Tochter in unseren Clubräumen in Hamburg feierte. Die Glückwünsche unserer Truppe wurden dem stolzen Brautvater per Überlandgespräch übermittelt und wurde von ihm prompt mit einer Runde belohnt.

Wieder im Wirtshaus angekommen, war immer noch Party bei ausgelassener Stimmung, Tanz und Getränken. Der Frauenüberschuss machte es notwendig, dass unsere jungen Mitstreiter (Franz und Kuddel) sich aktiv am Ringelreigen beteiligen mussten, bis der Schweiß lief und die Hemden nass waren. Der Abend wurde zwar lang, ging aber ohne Zwischenfälle zuende. Alle erreichten brav, allein und unversehrt die eigenen Betten zur letzten Übernachtung während der Wanderfahrt.

Am 01.05.01 brach der letzte Wandertag an. Bei herrlichem Wetter und im nüchternen Zustand bega-ben wir uns zu unserer Barke nach Richtershorn. Die Rückfahrt nach Königs Wusterhausen war so geplant, dass wir mit kleinen und gemütlichen Abstechern von der Strecke pünktlich gegen Mittag in Zeuthen waren, um die Barke aus dem Wasser zu holen. Routiniert und schnell wurde sie für den Rücktransport gesäubert und anschließend verzurrt und gesichert.

Die nächste Überraschung folge bei unserer letzten Rückkehr in das Wirtshaus am See. Die Wirts-leute hatten den 1. Mai "zum Tag der offenen Tür" deklariert. Buffetstände waren aufgebaut und zur Unterhaltung der Gäste spielte ein einheimischer Spielmannszug. Zu einem Sonderpreis konnten wir Ruderer am Essen teilnehmen und, so gestärkt, die Rückfahrt antreten. Unsere Befürchtung, dass die Autobahn wegen des Reiseverkehrs voll wäre, war zum Glück unbegründet. Die gesamte Autobahn von Berlin bis Hamburg war wie leergefegt. Aus diesem Grunde waren wir dann früher als geplant zu Hause.

Das Fazit dieser ausgedehnten Ruderwanderfahrt : Es war (ausnahmsweise) angenehm, einmal den gesellschaftlichen und kulturellen Aspekt auf einer Wanderfahrt in den Vordergrund zu stellen, anstatt - wie in dieser Wandergruppe bisher üblich - ehrgeizig und asketisch den Schwerpunkt ausschließlich aufs Rudern zu legen. Beides zusammen wird wohl die Ideallösung für die künftigen Barkenwander-fahrten dieser tollen Truppe sein.

Wanderfahrt schlei, Juli 2023, ist online!

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