32. Ruderwanderfahrt Waren an der Müritz vom 28. April bis zum 1. Mai 2007

 

Endlich, endlich war der Tag gekommen, an dem wir wieder, wenn auch nur für ein paar Tage, eine andere, eine schönere Welt betreten und erleben konnten. Aus allen Richtungen Norddeutschlands kamen die Teilnehmer, stolze 11 an der Zahl. Es waren am 1. Tag: Wilfried Brozait (Stellv. VL am 28. u. 29.), Jost Asbach, Karl-Heinz Bath, Frank Primus, Hauke Peters, Franz Wolgast, Jan Behrens (1.Mal aktiv in der Bullenrunde), Rainer Busch und Horst Dellin. Rainer Rese und Clemens Claussen (VL) kamen erst am darauf folgenden Tag. Die fehlenden Restbullen Norbert Schmidt (gerade Vater eines Stammhalters geworden), Werner Koppe (Krankheit) und Heiner Kornhuber (Geschäftsangelegenheiten) konnten leider nicht dabei sein. Aber wo auf der Barke hätten sie auch sitzen sollen? Wenn sich die Anzahl der Bullen in nächster Zeit weiterhin so vermehren sollte, wird einst der Tag kommen, an dem wir beide Barken in Beschlag nehmen müssten!

 

 

Sonnabend, 28. April

Schon in aller Herrgottsfrühe mussten einige Bullen von uns die Reise antreten, denn für Punkt 11 Uhr war der Treffpunkt in Waren angesagt worden. Trotzdem war noch genügend Zeit, um die Autobahngaststätte Stolpe aufzusuchen, sich gegenseitig zu begrüßen und auf die bevorstehende Wanderfahrt traditionell mit einem Gläschen Schampus anzustoßen. Flott ging es danach weiter nach Waren und alle erreichten wohlbehalten und pünktlich das Hotel „Ingeborg“. Einchecken- die Zimmer wurden vorzeitig freigegeben – Ruderdress angezogen und um 11:30 Uhr waren wir mit Sack und Pack abmarschbereit. Jost hat irgendwo eine Schubkarre aufgegabelt und es sah so aus, als wenn wir auf eine große Reise gehen wollten, denn sie war voll bepackt mit Proviant, Zampelbüttel und Segelzeug. In unmittelbarer Nähe unseres Hotels, im Yachthafen dümpelte die „Messina III“ so leise vor sich hin. Unsere Kamerrrrraden von der DEA-Truppe hatten die Barke, unser Baby, einen Tag vorher, nach ihrer Tour, dort geparkt. Schnell wurde seeklar gemacht und kurz nach 12 Uhr konnte die Wanderfahrt ins Ungewisse losgehen. Mit einem leichten Lüftchen aus NO-licher Richtung, bei wolkenfreiem Himmel und angenehmer Temperatur liefen wir aus der schönen Stadt Waren aus. Das Klappern mit den kleinen Holzdeckeln war das Zeichen der drei Herren von der Steuerbank in die Hufe zu kommen. Übrigens hatte Hauke für die lange Reise auch noch lebendes Frischfleisch mitgenommen in Form eines schwarzen Huhnes. Dieses versorgte er stets gut mit allen nötigen Mitteln. Mutter Künast hätte ihre helle Freude daran gehabt.

Der Kurs war erst einmal SSO, Ostküste des Sees, entlang des Müritzer Nationalparks. Diese Seite war, was die Gastronomie anbetrifft, so gut wie tot. Trotzdem suchten wir nach einiger Zeit eine Raststätte, denn außer Kaffee hatten wir noch keinen Bissen gegessen. Und zum Glück erspähten wir ein Gasthaus, tief im Schilf versteckt, in das wir nach der Landung in seichtem Gewässer freudig einkehrten. Ham, Ham und Gluck, Gluck waren gut, ließen aber für weitere Experimente keine Zeit mehr, zumal nicht einmal Musik gemacht wurde. Was wäre gewesen, wenn sie unser Lieblingsstück gespielt hätten?

Also saßen wir danach wieder alle in der Barke und waren fleißig am Rudern. In Richtung Westküste des Sees. Das leichte Lüftchen entwickelte sich zu einem passatähnlichen Wind. Auf der Höhe des Dorfes Klink wurde Halt gemacht. Eifrig knotete und band Jost ein 1 x 1,5 Meter großes Segel an mitgebrachte Bambusstöcke. Gleich hinter der Back, im Rücken von Franz und Kuddel wurde das Segel gesetzt. Und siehe da, die Barke machte gute Fahrt. Die Ruderblätter wurden in Segelstellung gebracht und wir hatten, ein Novum auf dieser Tour, endlich einmal Zeit die Fahrt in aller Form zu genießen.

Die Zeit schritt voran und der Wind nahm noch etwas zu. So wurde beschlossen, den kleinen Hafen, mit einer Marina von Sietow anzusteuern, um das Baby nachtfein zu machen. Während „Ankerman“ die Barke vertäute, warteten wir willig, freudig und durstig in dem Restaurant am Hafen auf die Taxen, die zum Glück sehr spät kamen. Die Taxifahrt ging durch schöne Landschaften zurück zu „Ingeborg“, die wir aber leider nie zu Gesicht kriegen sollten. Wie mag sie wohl ausgesehen haben?

Gegen 20 Uhr nahmen wir am Neuen Markt Platz im Ratskeller, wo wir alle zu unserer Zufriedenheit speisten und tranken. Wir hatten alle gutes Sitzfleisch, denn erst nach Mitternacht ging es in die Kojen. Keiner von uns hatte an diesem Abend Ambitionen sich noch irgendwie in Waren auf die Pirsch zu machen. Es kann aber auch an den lausig kalten Nachttemperaturen gelegen haben. Leider hatte das Haus „Ingeborg“ keine Bar, um dort noch einen Absacker zu nehmen. Also hieß es, gute Nacht!!

Sonntag, 29. April, Tag der Ausdauer und des Wartens.

Aufgewacht mit „klarem“ Schädel, in der Koje doch kein Mädel ….... Aus organisatorischen Gründen konnten wir erst ab 09:30 Uhr unser Frühstück einnehmen. Im klaren und geschmackvoll eingerichteten Frühstücksraum konnten wir Rainer Rese begrüßen. Das Frühstücksbuffet war sehr gut und reichhaltig, und der Service äußerst gut. Von zarter Frauenhand wurde der Kaffee für uns sogar eingeschenkt. So etwas kennt man noch nicht einmal zu Hause bei Frauchen! Ja, ja, die Emanzipation ist im Westen halt schon zu weit fortgeschritten.

Eine Stunde später ging es mit 2 Großtaxen durch endlich wirklich blühende Landschaften nach Sietow Dorf. Aber Blicke auf die grünen Baumwipfel ließen nichts Gutes erahnen, nämlich viel Wind. Dieses sollte sich bei Ankunft im Hafen bestätigen. In unmittelbarer Nähe sahen wir Schaumkronen auf den Wellen, was ein Rudern nicht möglich machte, zumal wir, um aus der Bucht heraus nach Röbel zu kommen, die See gegenan gehabt hätten. Nun war guter Rat teuer. Einige von den Bullen liefen dahin und dorthin, um noch irgendwo auf dem Wasser ein zumutbares Rudern zu entdecken. Vergebens. Ein wenig still setzte man sich bei dem Tröster Lübz zu Tische, blies ein wenig Trübsal, guckte oft in die Baumwipfel und auf die See und dachte vielleicht: Ach wären wir doch nur an der Ostküste geblieben, auch wenn dort nichts los ist. Getränke und Verpflegung hätten wir ja ausreichend an Bord gehabt.

Trübsal blasen und Frustration machen mit der Zeit auch hungrig. Der Stellvertreter beschloss daher, bei der Steinkirche im Dorf eine bekannte Fischräucherei aufzusuchen, um dort einen Imbiss einzunehmen. Köstlich! Um die Zeit bis zur „Flaute“ abzuwarten, kam der Kulturbeauftragte auf die wahnwitzige Idee, man könne die unweit vom Lokal liegende Kirche und den alten Kirchhof aufsuchen, aber es kam, wie so häufig, keine Resonanz der Bullen.

Dann gegen 15 Uhr war es soweit. Der Passat hatte ein Ideechen nachgelassen, das Baby wurde bestiegen, losgemacht und los ging es auf das Kap der Guten Hoffnung. Schon bald nach Verlassen der Hafenmole wurde der Rücken von Franz und Kuddel gewaschen. Der Versuch wurde deshalb aufgegeben, zumal die Längsverbände der Barke die Tortour nicht lange mitgemacht hätten. Es ging zurück zum alten Liegeplatz. Vor Verzweiflung blieben wir alle im Boot sitzen und erhielten als Trost einen guten Rebensaft mit Eierrumlikör als Gegenwicht für die Übersäuerung eingeschenkt.

Tieftraurig fuhren wir am Abend zurück zu „Ingeborg“ nach Waren. Wäre sie doch nur in Person erschienen, nur ein Lächeln von ihr hätte uns bestimmt wieder aufrichten können!! Aber nach dem Duschen und Umziehen hatten wir wieder frohen Mut. Das zu geplante Abendessen ließ die fröhliche Laune wieder zurückkehren. Und nun war auch endlich unser VL Clemens angekommen und dem Stellvertreter Wilfried wurde eine zentnerschwere Last abgenommen. Auch für diesen Abend hatten wir einen Tisch im Ratskeller reserviert. Das Essen war wieder gut, die Getränke reichlich, Gespräche gut, aber die vollschlanke Serviererin leider besch…. Doch selbst das kleine „Streitgespräch“: Drei Messingschrauben, die fehlen im Loch, drei Messingschrauben und was war noch…? (nach der Melodie: Drei weiße Tauben usw.), ließen die Stimmung nicht vermiesen. Danach ging es hinaus in die kalte (gefühlte 0 Grad) Nacht und, kaum zu glauben, aber wahr, schnurstracks ins Ingeborg. So manche Minibar wurde danach noch von ihrem abgestandenen Bier befreit.

Montag, 30. April

Erstaunlicherweise waren bereits alle Bullen bis auf Kuddel um 08:30 Uhr im Frühstücksraum erschien. Von zarter Frauenhand wurde uns der Kaffee usw. Der Blick auf die Baumkronen signalisierte einen guten Rudertag. Herr Passat hatte sich gelegt. Das wollten wir natürlich schnell ausnutzen und fuhren eiligst wieder nach Sietow- Hafen. Die Gastbetriebe hofften an diesem Tag wieder auf eine gute Einnahme, aber Schiete, seggt Fiete…. Eilends ging es zu Baby, Leinen los, Anker auf und ab ging es mit Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung. Der Wind legte sich mehr und mehr zur Ruhe, aber dafür kamen jetzt die Mücken. Die Steuerbank, 3 Mann, fuhr einen weiten Bogen um das Kap, um dann in Richtung Röbel zu steuern. Wohlbehalten erreichten wir am späten Mittag die Stadt Röbel. In einer geeigneten Restauration machten wir eine Pause. Jeder von uns suchte einen Sonnenplatz am Tisch zu ergattern, denn merklicherweise hatte sich die Luft spürbar abgekühlt, was durch Aufziehen von Cumulus (CL2)–Wolken der Auslöser gewesen sein könnte.

Nach dem wir einen kräftigen Imbiss und einen guten Inschluck zu uns genommen hatten, sagten wir Röbel ade und nahmen Kurs auf Rechlin. Weit sind wir nicht gekommen, denn undank einer schnell herbeiziehenden Kaltfront kam in Höhe von Marienfelde ein starker Wind auf, der ein Weiterrudern wieder unmöglich machte. Deshalb wurde passend eine Marine am Westufer des Röbeler Binnensees aufgesucht. Der Hafenmeister wies uns für die kommende Nacht einen Liegeplatz für die Barke an. Während „Ankerman“ und „Fastmoker“ zugleich, das Boot ohne Namen und Heimathafen, ordentlich an der Betonkaje vertäute, wurde im Clublokal bei entsprechenden Heimatgetränken auf die Taxen gewartet.

Für das Abendessen hatten wir wegen der „freundlichen“ Bedienung im Ratskeller nichts reservieren lassen und schauten mal hier, mal dort in die Restaurants hinein, bis wir endlich ein uns zusagendes Lokal, in ansprechbaren Katakomben gelegen, fanden. Wegen Platzmangels nahmen wir an einem schönen Tresen Platz und genossen ein schönes, warmes und temperiertes Bierchen. Auch von zarter Frauenhand eingeschenkt! Aber was nützt es, wir hatten Bier und keinen Grog bestellt!! Für die weiteren Biere wurden silberne Schalen mit Eis für uns bereitgestellt. Edel, edel, aber was für ein Stilbruch im Land des Bieres! Die Speisekarte wies viele gute Menüs aus. Drei Gourmets aus der Bullenrunde genossen als Vorspeise ein paar (wirklich gut schmeckende) Austern. Lange wollten wir uns in dem Keller nach dem Essen nicht aufhalten (Bier warm und Essen kalt), denn der Tanz in den 1.Mai stand noch theoretisch bevor! Aber Chott, o Chott, wo sollten wir das nur erleben? In zwei verschiedenen Lokalen am Hafen von Waren war nichts vom Maitanz zu spüren. Auch spielte man nicht unsere Lieblingsmusik und so gingen wir um die kalte Mitternacht wieder zu „Ingeborg“ ins Bettchen!

Dienstag, 1. Mai 07

Wieder ein Frühstück von zarter Frauenhand (ach, wie schön!) Sogar ein Maikäfer war für jeden Gast auf den Platz gelegt worden. Jost als alter Charmeur ließ dieses die netten Damen wissen. Aber dann hieß es Abschied nehmen. Mit Sack und Pack und entspr. Autos haben wir gegen 10 Uhr bei „Ingeborg“ ausgecheckt. Leider haben wir die Inhaberin nie zu Gesicht bekommen. - Nach Ankunft der Marina in Röbel wurde die Barke von ihrem Liegeplatz zum Slip verholt, abgeriggert, auf den Trailer gezogen, sehr gut gesäubert (alle Ecken und Winkel mit einem Staubsauger gereinigt!) und ziehtüchtig gemacht. Und zum Leidwesen aller wurde festgestellt, dass heute das beste Ruderwetter gewesen wäre. Aber so ist es halt oft im Leben!

Der Abschied nahte. Einige Bullen wollten in Röbel noch einen Imbiss zu sich nehmen, aber Pullbull mit seinen 3 maritim angehauchten Mitfahrern hatte es eilig mit dem Gespann nach Allermöhe zu kommen. Auf der Autobahn A24 wurden wir von den „Imbissbullen“ überholt. Sie gaben uns zu Verstehen, dass nun aber wirklich in Stolpe ein Imbiss eingenommen werden sollte, da sie in Röbel bis zum Sankt Nimmerleinstag auf ihr Essen in der vorgesehenen Gaststätte hätten warten müssen.

Eine außergewöhnliche Wanderfahrt auf dem Müritzsee ging zu Ende, die bei herrschenden Nordostwinden während unseres Aufenthaltes leider kein maximales Rudern zuließ, aber dennoch schön und interessant war. Dank der vorbildlichen Kameradschaft unter uns wurde der vorgenannte Nachteil wieder wettgemacht. Mit Spannung und mit Freude schauen wir auf die nächste Wanderfahrt ab 28. Juni in Feldberg, wo uns mit Bestimmtheit wegen der Lage und Größe kein Wind und Wetter die Stimmung trüben kann.

g.u.v.

Eiderbull alias Hossi

Wanderfahrt schlei, Juli 2023, ist online!

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